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28.03.2001, Plenarrede - Gegen Zwangspfand auf Einweggetränkeverpackungen

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
gerade die Diskussion über das Zwangspfand auf Einweggetränkeverpackungen zeigt, wie dynamisch die Entwicklung in der Wirtschaft ist, auch und gerade in der Verpackungsindustrie.
Seit 1991 als die Drohung mit dem Zwangspfand in die Verpackungsordnung aufgenommen wurde, hat sich viel verändert. So wurden die Getränkekartons mittlerweile mit dem blauem Engel ausgezeichnet, vor 10 Jahren noch unvorstellbar. Die Bewertung von PET-Flaschen hat sich aufgrund der Entwicklung grundsätzlich verändert. DSD ist bundesweit vertreten.
Das sind Entwicklungen, die natürlich Verschiebungen auf dem Verpackungsmarkt nach sich gezogen haben. Wenn sich über einen solchen Zeitraum Veränderungen ergeben haben, so muss auch die zuständige, jetzt bestehende Verordnung weiterentwickelt werden. Eine Reihe von Fragen müssen heute geklärt werden, bevor über die Einführung des Zwangspfandes entschieden wird.
Welche Folgen würde denn die Einführung des Zwangpfandes haben? - Ein bedeutender Anteil der Einnahmen des DSD kommt aus den Lizenzabgaben der Einweggetränkeverpacker. Was geschieht mit dem Dualem System - DSD - , wenn diese Einnahmen wegfällt? Die Recyclingquote ist bei Glasverpackungseinheiten sehr hoch. Doch nach Einführung des Pfands ist mit einem Rückgang beim Glas von heute ca. 2,7 Millionen Tonnen auf etwa 1,8 Millionen Tonnen zurechnen. Wie verhalten sich unsere Bürgerinnen und Bürger, wenn aufgrund des dann geringeren Altglasaufkommens die Containerstandorte weiter auseinander liegen und der Weg zum nächsten Container deutlich länger wird? Bricht dann die Glassammlung zusammen? Oder steigen die Kosten für die anderen Glasverpackungsmittel, wie Marmeladen-, oder Obstgläser, dann ins Unermessliche? Nun kann man das DSD ja infrage stellen. Man kann mit dem DSD unzufrieden sein oder es auch kritisieren. Doch bevor man es unter Umständen in einen möglichen finanziellen Ruin treibt, sollte man sich doch zuerst Gedanken darüber machen, was mit den anderen Verpackungsmitteln geschehen soll.
Meine Damen und Herren,
ich denke, wir sind uns sicher, dass letztendlich die Entscheidung über Mehr- und Einwegsysteme beim Handel fallen wird. Es geht um die Entscheidung, ob es in Zukunft ein oder zwei Pfandsysteme geben wird. Wer wird im Handel weiterhin die personalintensive und auch Raumkapazität in Anspruch nehmende Rücknahme im Mehrwegsystem vorhalten, wenn er zusätzlich einen oder mehrere teure Automaten für die Rücknahme von Einwegverpackungen aufstellen muss? Immerhin kosten nach dem Bericht aus dem Bundeskanzleramt die Automaten zwischen 10.000 und 30.000 DM. Allein die Kosten für die Automaten - im Kanzleramtsbericht werden sie mit durchschnittlich 25.000.- DM angegeben - würden unsere Wirtschaft bei einem auch in diesem Bericht prognostiziertem Bedarf von rund 83.000 Rücknahmeautomaten mit 2,75 Milliarden DM belasten. Wenn durch diesen enormen Mitteleinsatz ein ökologischer Nutzen erzielt würde, ließe sich ja noch darüber reden. Doch selbst der ist fraglich. Das Mehrwegsystem, was wir eigentlich stärken wollen, wird bei den heutigen Rahmenbedingungen durch die Einführung eines Zwangspfandes auf Einwegverpackungen leiden. Meine Damen und Herren, wir befürchten ein ausbluten der Mehrwegsysteme.
Ein weiterer Punkt, der zu beachten ist, ist die Frage: Wie soll bei Einführung des Zwangspfandes die Pfandabrechnung untereinander erfolgen? Die Bedingungen für die Rücknahme sind nicht überall gleich. Bei Verkaufsflächen unter 200 qm soll eine beschränkte Rücknahmepflicht bestehen. Dieser Vorteil, der für kleine Einzelhandelsbetriebe gedacht war oder auch für den Kiosk an der Ecke. Dieser Vorteil wird aber auch allen Tankstellen zu teil, die sich ja erst in den letzten Jahren zu regelrechten Einkaufsshops entwickelt haben. Ist derjenige der einen Rücklaufautomat aufstellt, der Dumme, der das Pfand bezahlt? Das ist wohl kaum vertretbar. Es muss also eine Organisation aufgebaut werden, die einen Ausgleich zwischen den einzelnen Annahmestellen vornimmt. Ein zweites DSD? Wieder ein kostenträchtiger Dinosaurier?
Nun wird von Verfechtern des Zwangspfandes immer wieder die mittelständische Brauerei angeführt, die durch die Einführung des Zwangspfandes im Markt gegenüber den Großbetrieben gestärkt wird. In einer Stellungnahme weist die Gewerkschaft NGG darauf hin, dass der Handel aus Kostengründen den jetzigen Einweggebinden den Vorrang vor Mehrweggebinden geben wird. Ein Zwangspfand wird die Mehrweggebinde nicht stützen, sondern kurz bzw. mittelfristig schwächen. Und weiter heißt es: Viele kleine und mittlere Getränkehersteller, in der Regel Betriebe im ländlichem Raum, müssen, um die Erfordernisse des Handels zu befriedigen, ihren Betrieb umstrukturieren. Sie müssen sowohl in maschinelle Anlagen wie auch in neue Gebindeformen investieren. Die NGG befürchtet, dass kleine und mittlere Unternehmen vom Markt verdrängt werden.
Meine Damen und Herren, wodurch sollte denn auch die Stärkung der mittelständischen Unternehmen erfolgen? Haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, welche Kapitalbindung es bedeutet seine Getränke über das Mehrwegsystem zu vertreiben?
Ich habe mit einem mittelständischem Unternehmer gesprochen in dessen Betrieb zwar kein Bier abgefüllt wird, aber gesunder Fruchtsaft. Die Unternehmensphilosophie dieses Betriebes ist ausschließlich auf Mehrweg ausgerichtet. Doch bereits jetzt wurde der Betrieb durch den Druck des Handels zur Einführung von Einwegverpackungen gezwungen. Der Fruchtsaft wird nach wie vor hauptsächlich im Mehrwegsystem vertrieben. Zusätzlich wird jetzt in deutlich geringerem Umfang ein Teil in Einwegverpackungen abgefüllt, sodass in diesem Unternehmen aus beiden Vertriebswegen Kenntnisse vorhanden sind. Beide Vertriebswege sprechen - so die Firmenleitung - unterschiedliche Käufergruppierungen an. Dieser Unternehmer - ein Praktiker, dessen Produkt wie gesagt, hauptsächlich in Mehrwegverpackungen abgefüllt wird, der nicht nur theoretisiert, sondern durch die Entscheidung für oder gegen das Zwangspfand den Erfolg seines Unternehmens und die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter beeinflußt sieht - spricht sich eindeutig gegen ein Zwangspfand aus. Unternehmensleitung und Betriebsrat befürchten bei Einführung des Zwangspfandes die Auslistung ihres Produktes im Mehrwegsystem. Allein die Diskussion über das Zwangspfand ist aus ihrer Sicht bereits für das Mehrwegsystem schädlich. Für den Absatz im Mehrwegsystem ist wegen der hohen Kapitalbindung eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit erforderlich.
Wenn das Mehrwegsystem gestärkt werden soll - so der Vorschlag des Unternehmers - ,wäre es sinnvoll, die Forschung und Entwicklung innovativer Mehrwegsysteme zu fördern und Möglichkeiten zu erarbeiten, die zu Material- und Gewichteinsparungen im Mehrwegsystem führen und einen schnelleren Designwechsel ermöglichen. Übrigens: Es ist keinem verständlich zu machen - ich habe das auch gar nicht erst bei dem Unternehmer versucht - ,dass für Fruchtsafteinwegverpackungen ein Zwangspfand erhoben werden soll, während Sekt, Wein und Schnaps von diesem Pfand ausgenommen wird. Es ist schon absurd, dass Verpackungen für Alkoholika besser gestellt werden sollen als Fruchtsaftverpackungen.

Meine Damen und Herren,
der ökologische Erfolg des Zwangspfandes ist zumindest zweifelhaft. Es fehlt für die verschiedenen Verpackungsarten die ökologische Gesamtbilanz. Weil es daher schwer fällt, das Zwangspfand mit ökologischen Vorteilen zu begründen, wird nun der neue Begriff der Landschaftsvermüllung eingebracht. Richtig ist, dass die Ablagerung von Müll in der Landschaft in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Ein Teil dieses Mülls sind auch Einwegverpackungen, aber, wie gesagt, nur ein Teil. Darüber hinaus kann man alle möglichen und unmöglichen Materialien in der Landschaft finden. Wenn man also die Landschaftsverschmutzung über Zwangspfand reduzieren will, dann müsste in der logischen Folge auch für alle anderen Materialien, die in der Landschaft zu finden sind, ein Pfand erhoben werden. Das ist sicher eine nicht ernst zu nehmende Vorstellung. Um das Problem zu lösen gibt es andere Möglichkeiten als Zwangspfand. Ich glaube schon, wenn an den bekannten Müllabladeschwerpunkten wie beispielsweise Autobahnauf- und abfahrten, einmal kontrolliert wird und einige Strafmandate verteilt werden, erleben wir schnell eine Verhaltensänderung.

Meine Damen und Herren,
ich erlaube mir, nochmals einen Auszug aus der Stellungnahme der NGG zu zitieren. „Es gibt“ - so die NGG - „keine Folgeabschätzung. Die Umsetzung der Verordnung wie im Entwurf vorgesehen, wird jedoch solch weitreichende Folgen haben, die im Falle einer nicht gewollten Entwicklung schwer revidierbar sind.
Meine Damen und Herren,
ich kann aufgrund der Diskussion feststellen, dass in den vorausgegangenen Beratungen weder aufseiten der Abgeordneten noch aufseiten der zuständigen Minister, die die seit 1991 geltende Verpackungsordnung heute umsetzen wollen, eine entsprechende Akzeptanz vorhanden ist.
Noch am 8. November sagte Frau Ministerin Höhn hier im Plenum, dass die gegenwärtige Rechtslage eine unbefriedigende, zumindest eine nicht optimale Lösung darstellt. Der Bundesrat hat noch Beratungsbedarf und am 16.Februar 2001 in einer Entschließung zu den Auswirkungen einer Bepfandung von Einweggetränkeverpackungen auf die Bundesregierung um Stellungnahme gebeten.
Wenn wir aber alle die in den letzten Jahren erfolgte Veränderung anerkennen, und heute eine andere Entscheidungsbasis zugrunde legen, dann lassen sie uns doch gemeinsam die Einführung des Zwangspfandes stoppen, den Entschließungsantrag ablehnen und dem vorliegendem Antrag zustimmen.