Plenarreden

Home

Persönlich

Wahlkreis

Vor Ort
  Plenarreden
  Aktionen / Besuche

Presse

Landtagsbesuche

Landtag aktuell

Kontakt

CDU
05.06.2002, Plenarrede Verpackungsordnung - Zwangspfand ist überholt

Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
Die Verpackungsordnung wurde 1991 erlassen. Zu einer Zeit als das Müllaufkommen stetig anwuchs. Es musste gehandelt werden. Und durch das Handeln der damaligen Bundesregierung mit dem Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat sich eine grundlegende Veränderung eingestellt. Dem Ziel, durch die Verwendung umweltverträglicher Materialien die stoffliche Verwertung zu ermöglichen und zum anderen die Vermeidung von Abfällen, die durch Verpackungsmaterialien verursacht werden, ist man ein großes Stück näher gekommen. Bei der Herstellung und Verpackung der Produkte ist die Beachtung des Umweltschutzes heute eine feste Größe. Während die Produkte und insbesondere die Verpackungen in den vergangenen 11 Jahren deutlich verändert wurden, hat die Verpackungsordnung weiterhin in der ursprünglichen Fassung ihren Bestand. Man sollte meinen, dass es eine Selbstverständlichkeit sei eine Verordnung den veränderten Marktvorgaben anzupassen. Aber nein. Es ist keine Aktivität zur Stützung des Mehrweganteils ergriffen worden. Stattdessen hält der Bundesumweltminister aus ideologischen Gründen an der 72% Mehrwegquote für Getränkeverpackungen fest. Die 1991 bestehende Wertung „Mehrweg ist gut - Einweg ist schlecht“ gilt heute nicht mehr. Der Milchschlauchbeutel und die PET-Flaschen gelten heute als vorteilhafte Verpackungen. Selbst die Einweg-Dose ist immer leichter geworden und kann heute sehr gut recycelt werden. Die vielleicht früher mal vorhandene strikte Trennungslinie bei der ökologischen Bewertung zwischen Einweg und Mehrweg kann heute nicht mehr gezogen werden. Aus unserer Sicht muss daher viel stärker zwischen ökologisch vorteilhaften und ökologisch nachteiligen Verpackungen unterschieden werden.
Da durch die Veränderungen die ökologische Sinnhaltigkeit des Zwangspfandes nicht mehr ausreichend begründet werden kann, wird jetzt die Vermüllung der Landschaft heran gezogen. Richtig ist, wenn eine Sache mit Pfand belegt ist, wirft man sie nicht so schnell achtlos weg. Doch wer mit offenen Augen den Schmutz in der Landschaft betrachtet stellt fest, dass eben nicht nur Dosen oder Getränkeverpackungen in der Landschaft liegen, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien. Frittenschachteln, Zeitungen und Keksschachteln um nur einige zu nennen. Sollen diese Materialien demnächst alle mit einem Pfand belegt werden. Nur weil einige Schmutzfinken sie einfach in die Landschaft werfen. Ich denke, dass das doch wohl keiner ernsthaft in Erwägung ziehen will. Das Problem der Landschaftsverschmutzung muss also anders gelöst werden und ist keine Begründung für das Zwangspfand.
Meine Damen und Herren,
was wird denn geschehen, wenn das Zwangspfand, so wie vom Bundesumweltminister gewollt eingeführt wird. Tausende von Rücknahmeautomaten müssen installiert werden. Kostenpunkt rund 1,4 Milliarden EURO. Eine Zahl, die dem Kanzleramtsbericht entnommen wurde. 1,4 Milliarden EURO die keinen ökologischen Nutzen bewirken. Doch nicht nur die Investitionskosten erreichen eine enorme Höhe. Auch die jährlichen Kosten erreichen eine respektable Höhe. In einer Studie von Roland Berger werden die Kosten auf jährlich 789 Millionen EURO beziffert. Die sich wie folgt zusammen setzen:
389 Mio. EURO für Rücknahmehandling und -organisation im Einzelhandel
248 Mio. EURO jährliche Logistikkosten
72 Mio. EURO für fälschungssichere Gestaltung der Einweggetränkeverpackungen
und 80 Mio. EURO für Clearing, Kapitalbindung, Kosten bei Abfüllern usw.
Dabei sind die Umsatzverluste aufgrund wegfallender Verkaufsfläche nicht eingerechnet.
Die Auswirkungen auf den innereuropäischen Handel sind noch nicht absehbar. Es ist schwer vorstellbar, dass Klein- und Mittelbetriebe aufgrund der geringen Mengen für den deutschen und außerdeutschen Markt die Abfüllung in unterschiedliche fälschungssichere Getränkeverpackungen vornehmen können.
Vom Bundesumweltminister wird die Stabilisierung des Mehrweganteils als Ziel angegeben. Kann das Ziel wirklich erreicht werden?
In Schweden hat die Einführung eines Zwangspfandes auf Einwegverpackungen zu einer drastischen Abnahme des Mehrweganteils geführt. Vor der Einführung war der Mehrweganteil bei 80%. 7 Jahre später nur noch 40%. Viele Institute sind sich darin einig, dass auch in Deutschland die Einführung des Zwangpfandes zu einer deutlichen Reduzierung des Mehrweganteils führt. Ich denke, dass kann doch nicht wirklich gewollt sein.
Eines der best funktionierenden Recyclingsysteme ist die Altglassammlung. Weit verbreitet und von der Bevölkerung voll akzeptiert. Glas hat von allen Verpackungsmaterialien mit 83,1% die höchste Verwertungsquote. Wie hier durch das Zwangspfand eine Erhöhung der Quote erreicht werden kann ist nicht zu ersehen. Dagegen gibt es starke Bedenken in der Behälterglasindustrie. Die Behälterglasindustrie befürchtet, dass durch das Pfand das bewährte Einsammelsystem für Altglas Schaden nimmt. Wenn nach Berechnungen rund 40% Altglas weniger in die Sammelcontainer geworfen wird, ist auch die heutige Dichte der Sammelcontainer in Frage gestellt. Hinzu kommt, dass bei den Rücknahmeautomaten das Glas nicht nach den verschiedenen Farben sortiert wird und damit kein farbreines Altglas gewonnen werden kann. Das so zurück geführte Altglas landet dann unter Umständen auf Deponien.
Meine Damen und Herren,
wir sind ja nicht die Einzigen, die das Zwangspfand ablehnen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen sieht im Zwangspfand den falschen Weg. Derselben Meinung sind auch der Naturschutzbund NABU und die Verbraucherverbände.
Der BUND begrüßt zwar die Einführung des Pflichtpfandes, hat aber anscheinend selbst Bedenken, ob das Ziel, dass Zurückdrängen ökologisch nachteiliger Verpackungen erreicht wird. Vorsorglich weist er daraufhin, dass sich dieses erst in der Praxis erweisen muss. Sollte sich herausstellen, dass der Mehrweganteil trotz Einführung des Pflichtpfandes weiter sinkt, müssten neue Instrumente zur Akzeptanzsteigerung von Mehrweg überlegt werden. Also erst einen milliardenschweren Praxistest und dann wegen der fehlenden Lenkungswirkung doch wieder weg vom Pfand ?
Meine Damen und Herren,
Wir fordern die Landesregierung auf, Einfluss über den Bundesrat zu nehmen um den Mehrweganteil zu stützen. Die Fixierung auf die 72 % Mehrweganteil aufzugeben und statt dessen bei der Novellierung der Verpackungsordnung die Getränkeverpackungen nach ihren ökologischen Daten zu bewerten. Für die verschiedenen Getränkeverpackungen ist dafür eine Ökobilanz zu erstellen.
Meine Damen und Herren,
wenn das Zwangspfand eingeführt ist gibt es kein Zurück. Man kann nicht mal experimentieren, nach dem Motto - Na ja, wenn sich negative Wirkungen zeigen, dann beenden wir eben den Versuch. Dafür sind die erforderlichen Investitionen zu hoch.. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG hat die Bundesregierung aufgefordert die Novelle zur Verpackungsordnung nicht zu verabschieden, sondern zunächst eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Eine Folgenabschätzung wie von der (NGG) gefordert gibt es nicht Die NGG prognostiziert, dass sich der Strukturwandel in der Getränkeindustrie durch Pfand beschleunigen und vom Handel verstärkt Mehrweg ausgelistet wird. Besonders kleine und mittlere Unternehmen seien nicht in der Lage ihre Betriebe umzustrukturieren und die Kosten für notwendige Investitionen in neue Gebinde und Abfüllanlagen aufzubringen.
Meine Damen und Herren,
ich betone: Die Einführung des Zwangspfands ist endgültig und der prognostizierte Schaden für Mehrweg nicht mehr reparabel.
Wenn also selbst die Umwelt- und Naturschutzverbände die Einführung des Zwangspfands kritisch sehen und andere Lösungen vorschlagen, warum dann das Festhalten des Bundesministers.
Das selbst in der Landesregierung Zweifel vorhanden sind, zeigen die unterschiedlichen Auffassungen von Wirtschaftsminister und Umweltministerin.
Es wäre ja nun wirklich mal gut für unser Land, wenn sich der Wirtschaftsminister aufgrund der vorhandenen Daten und Fakten gegen die Umweltministerin durchsetzt. Aber nein, auch diesmal wird wohl die Grüne Ideologie gewinnen. Schade!