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CDU
04.06.2003, Plenarrede zur Abfall-Eigenschaft von Altpapier

"Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Der Begriff Abfall ist negativ besetzt. Abfall ist bei den Menschen etwas, was man nicht mehr gebraucht, eben Abfall. Darüber, dass eingesammeltes Altpapier zunächst unter den Begriff Abfall fällt, gibt es sicher keine Meinungsverschiedenheit. Auch in Wertstoffcontainern gesammeltes Altpapier ist zunächst Abfall. Da gab es im Ausschuss zunächst Irritationen, ob das so gemeint war.
Doch wann endet die Abfalleigenschaft von Papier? Wann wird Papier zum Rohstoff?
Nach unserer Auffassung ist dies nach der Sortierung der Fall. Sobald Papier sortiert oder sortenrein vorliegt und als Wertstoff vermarktet werden kann, muss Altpapier zum Rohstoff werden. Damit kann Altpapier problemlos dem Wirtschaftskreislauf zugeführt werden und alternativ zu Zellstoff oder Holzstoff verwendet werden. Genau das ist das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft. Warum sich die nordrhein-westfälische Umweltministerin sträubt, analog zu anderen Bundesländern eine Regelung mit dem Wirtschaftsverband der Papier erzeugenden Industrie herbeizuführen, die sortenreines Altpapier zu Rohstoff erklärt, ist unverständlich. Gerade einer Umweltministerin sollte daran liegen, die Hemmnisse für die Wiederverwertung von Stoffen so niedrig wie möglich zu gestalten. Nur so kann man die Verwendung von Primärstoffen reduzieren.
Meine Damen und Herren, wenn ein Material als Abfall eingestuft wird, hat es gegenüber anderen konkurrierenden Stoffen einen deutlichen Marktnachteil. Die Zeiten, in denen der Begriff "recyceltes Papier" unter Umständen sogar noch verkaufsfördernd war, sind lange vorbei. Heute wollen die Kunden ein qualitativ hochwertiges Produkt bekommen ohne den Makel "aus Abfall gewonnen". Wenn selbst Lebensmittelkontaktpapiere aus Altpapier hergestellt werden, dann kann das Ausgangsmaterial nicht als Abfall bezeichnet werden.
Frau Höhn, in Ihrer Stellungnahme für den Ausschuss verweisen Sie auf europäisches Recht und auf Bundesrecht. Es ist richtig, dass die Gesetzgebung auf diesen Ebenen den Rahmen vorgibt, in dem gehandelt werden kann. Andere Bundesländer handeln in diesem Rahmen. Oder wollen Sie behaupten, dass die Vereinbarungen dieser Bundesländer mit der Papier erzeugenden Industrie gegen geltendes Recht verstoßen?
Da ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie auch nur ansatzweise den Versuch machen, stelle ich die Frage, warum es in Nordrhein-Westfalen nicht möglich ist, eine solche Vereinbarung zu treffen. Man muss sich Folgendes vor Augen führen: In der Bundesrepublik wird Altpapier von Osnabrück nach Frankfurt transportiert. In Osnabrück wird Rohstoff geladen. Dasselbe Altpapier ist beim Übertritt der Grenze zu Nordrhein-Westfalen Abfallmaterial, um beim Verlassen Nordrhein-Westfalens wieder zum Rohstoff zu werden. Diese Kleinstaaterei passt nicht in die Zeit. Frau Ministerin, diese Blockade ist ein bedeutender Wettbewerbsnachteil für unsere nordrhein-westfälische Industrie. Arbeitsplätze und Fabrikstandorte werden dadurch infrage gestellt.
Uns allen ist bekannt, dass die Verwertung von Abfall einen höheren bürokratischen Aufwand erfordert als die Verwendung von Rohstoffen. Den Medien war zu entnehmen, dass unser Ministerpräsident eine Kommission eingesetzt hat, die überflüssige Regelungen und überflüssigen bürokratischen Aufwand, der unsere Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen in der Entwicklung behindert, aufspüren und Vorschläge für deren Beseitigung erarbeiten soll. Ein erster Beitrag zu diesem möglichen Vorhaben könnte der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit der Papier erzeugenden Industrie sein, die den erhöhten Aufwand und die Benachteiligung der nordrhein-westfälischen Papierindustrie beseitigt.
Die Diskussionsbeiträge der SPD in den Ausschüssen zeigen eine weitgehende Übereinstimmung mit unserem Antrag. Anscheinend wurde das aus Koalitionsräson aber wieder eingefangen. Übrigens ist der Antrag, der von den Koalitionsparteien eingebracht wurde, derart wischi-waschi, dass er genau dorthin gehört, worüber wir gerade sprechen, nämlich zum Altpapier. Vielen Dank."

Antrag: 13/3116
Entschließungsantrag: 13/3665