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20.04.2005 Plenarrede, Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes

"Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich Herr Minister Schartau vorhin so engagiert für die Arbeitsplätze eingesetzt hat, hatte ich doch damit gerechnet, dass er zumindest Interesse an diesem Landeswassergesetz zeigen würde. Denn dieses Gesetz hat nicht nur auf die Umwelt, sondern insbesondere auch auf die Arbeitsplätze und auf die Attraktivität des Standorts Nordrhein-Westfalen für die Wirtschaft Auswirkungen, und nicht nur über Grün. Denn wieder wird eine EU-Richtlinie nicht 1:1 in NRW umgesetzt. Ich weiß, jetzt kommen sofort der entsprechende Protest und die Behauptung, dass das doch der Fall sei. Aber das glaubt Ihnen doch keiner mehr. Denken Sie daran, dass der erste Vorschlag in der Zwischenzeit mehrfach verändert worden ist. Damit ist der Widerspruch bereits offen gelegt. Denn wenn es von vornherein gepasst hätte und EU-konform gewesen wäre, dann wäre das auch jetzt der Fall. Das ist also wieder ein NRW-Sonderweg.

Einige Beispiele: Wasserversorgungspläne und die Festlegung von Gewässerrandstreifen. Während andere Bundesländer und das benachbarte Ausland weiterhin eine ganze Anzahl von Flussläufen als nicht veränderbar ausweisen, stehen in Nordrhein-Westfalen auf einmal 80 % der Flüsse zum Umbau an, zum Rückbau in einen naturnahen Zustand. Warum macht Nordrhein-Westfalen nicht wie andere Bundesländer und EU-Staaten von der Möglichkeit Gebrauch, erheblich veränderte oder künstliche Gewässer bereits jetzt als solche auszuweisen? Bei diesen Gewässern müssen weit weniger strenge Qualitätsmaßstäbe angelegt werden. Warum wird in Nordrhein-Westfalen davon kein Gebrauch gemacht? Wir meinen, immer dort, wo die Zurückführung in einen naturnahen Zustand einen unverhältnismäßig hohen Finanzaufwand erfordert, sollte diese Möglichkeit genutzt werden.

Meine D amen und Herren, die industrielle Entwicklung ist in weiten Bereichen unseres Landes durch die Nutzung der Wasserkraft gefördert worden. Schauen Sie sich einmal bei mir in der Heimat, im Sauerland, die Täler an. Hier sind die Betriebe und die Städte direkt an die Flussufer herangerückt. In einigen Fällen wurden die Flüsse sogar überbaut. Daraus ergibt sich ein Wust an Fragen. In welcher Reihenfolge soll der Umbau erfolgen? Wird das wahllos, einfach auf Zuruf erfolgen?

Wie teuer wird die Umsetzung des Gesetz es? Es gibt bisher keine Kostenfolgeabschätzung. Wenn aber die vom Land Schleswig-Holstein genannten Kosten auf Nordrhein-Westfalen übertragen werden, so ist mit einer Kostenlawine von einigen Milliarden Euro zu rechnen. Dann folgt die Frage: Wer soll das denn bezahlen? Etwa die betreffenden Städte und Gemeinden, die bereits heute finanziell am Krückstock gehen? Die Industrie und das Gewerbe? Also eine neue Belastung, die dazu führt, dass noch mehr Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen abgebaut werden? Eine erneute Belastung der Bürger? Nach der Wassersteuer eine erneute Wasserpreiserhöhung, diesmal noch weit höher als die durch die Wassersteuer verursachte Erhöhung?

Meine Damen und Herren, in den gesamten Beratungen ist von der Landesregierung nicht einmal die Frage beantwortet worden, warum es in diesem Gesetzentwurf wieder so viele NRW-Sonderwege gibt. Ich nenne als Beispiel das Wasserversorgungskonzept, ehemals Wasserversorgungsplan. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht das Instrument des Wasserversorgungs konzepts nicht vor. Die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen ausschließlich mit den Instrumenten des Maßnahmenprogramms und Bewirtschaftungsplans erreicht werden. Weiter gehende Maßnahmen sind mit Blick auf eine Überregulierung und zusätzlichen Kostenaufwand entbehrlich. Bereits heute wird eine nachhaltige und effiziente Wasserversorgungssicherheit für die Bevölkerung auch ohne ein behördlich verbindliches Konzept sichergestellt. Oder der Gewässerrandstreifen - auch wieder ein NRW-Sonderweg: Nach den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes sind keine Gewässerrandstreifen erforderlich. Der Gewässerschutz ist durch das landwirtschaftliche Fachrecht ausreichend geregelt. Oder Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung: In der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist der Inhalt der Bewirtschaftungspläne detailliert beschrieben. Eine zusätzliche Berichtspflicht, wie im Gesetzentwurf gefordert, ist weder vorgeschrieben noch sachlich begründet. Also auch hier: zusätzliche Bürokratie und damit verbunden zusätzliche Kosten. Das trifft auch auf die Verpflichtung zur Selbstüberwachung der Unternehmen der öffentlichen Trinkwasserversorgung zu. Zusätzliche Aufgaben führen zu einer Erhöhung des Wasserpreises.

Es ist schon erstaunli ch, dass in einem Gesetz geregelt werden soll, was Stand der Technik für den Bau und Betrieb von Anlagen für die öffentliche Wasserversorgung ist. Diese im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung verstößt gegen die allgemeinen Regeln des Zusammenwirkens von Recht und Technik in Deutschland. Dieser Paragraph ist übrigens verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat sich daran zu halten, dass er zu erzielende Vorgaben festlegt. Wie diese erreicht werden, ist Aufgabe der Unternehmen. Nur wenn die Freiheit gegeben ist, die wirtschaftlichste und kostengünstigste Technik einzusetzen, führt dies zu technischer Fortentwicklung. Sonst haben wir Stillstand.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass die Klassifizierung der Gewässer entsprechend ihres tatsächlichen Zustandes erfolgt. Bei der Bestandsaufnahme der Gewässergüte ist aber ein Abgleich mit den anderen Bundesländern, insbesondere mit den angrenzenden, sowie mit den übrigen EU-Staaten erforderlich. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Nachbarstaaten Belgien und Niederlande zu richten.

Wir fordern: Im Rahmen der Aufgaben der Wasserwirtschaft, der Bewirtschaftungsgrundsätze und der Ziele des Gesetzesentwurfs muss nicht nur dem Schutz der Gewässer Rechnung getragen, sondern auch das schutzbedürftige Interesse der Bevölkerung berücksichtigt werden.

Wir fordern, dass vor Verabschiedung des Gesetzes eine verlässliche Kostenfolgeabschätzung vorgelegt wird.

Hier muss dringend nachgebessert werden. Es muss sichergestellt werden, dass den Kommunen, der Wirtschaft und den Bürgern durch die Umsetzung des Landeswassergesetzes keine neuen Kosten entstehen. Vor dem Hintergrund, dass die IHK in einer Pressemeldung sogar von Kosten über 500 Milliarden € ausgeht, zeigt sich, dass unsere Bedenken berechtigt sind. Die IHK bezeichnet das Landeswassergesetz als "Bürokratiemonster", und, meine Damen und Herren, wer den vorliegenden Gesetzestext wirklich ordentlich gelesen hat, wird diesem nicht widersprechen; wir können dies nur bestätigen.

Wir fordern, dass endlich mit dem Unsinn Schluss ge macht wird, dass bei jeder EU-Richtlinie eine Sonderregelung für Nordrhein-Westfalen vorgenommen wird.

EU-Richtlinien sind 1:1 umzusetzen, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität. Wir wundern uns übrigens darüber, dass so etwas zwar in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben wird, dass sich aber dann niemand daran hält.

Wir fordern, dass keine zusätzliche Bürokratie geschaffen wird, und weisen auf Folgendes hin: Der Herr Ministerpräsident zieht übers Land und wirbt für neue Arbeitsplätze; das ist gut. Gleichzeitig zeichnet er aber für dieses Gesetz verantwortlich, das wirklich nicht dazu geeignet ist, das Land nach vorne zu bringen.

Bei mehr als 1,1 Millionen Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen erwarten wir, dass nicht zusätzliche Hürden aufgebaut werden. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht durch überzogene Regelungswut unsere eigenen Entwicklungschancen gegenüber den anderen Ländern verbauen. Es muss ein Wassergesetz geschaffen werden, das frei von Ideologien ist und nicht von grünen Ideologen geprägt wird. In der jetzigen Form lehnen wir den Gesetzentwurf ab."